Im Codex Edelini des Klosters Weißenburg im Elsass, einem in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts von dem Abt Edlin verfassten Besitzverzeichnis, findet sich folgender Eintrag:
Zu deutsch: "In Schweinfurt eine Wagenladung und 9 Mansen, das sind Bauernhöfe mittlerer Größe."
Unter einer Wagenladung, soviel ist sicher, dürfen wir Wein verstehen.
Das Kloster Weißenburg im Elsass erhielt demnach eine Wagenladung voll Wein aus Schweinfurt.
Interessant ist die Datierung des Codex, der, nach allem was wir wissen, zwar in der zweiten Hälfte des 13. Jhd. verfasst wurde, jedoch die Besitzverhältnisse um das Jahr 1000 widerspiegelt. Wir können in dieser Quelle also mit guten Gründen den Nachweis für eine inzwischen über tausendjährige Weinbautradition in Schweinfurt sehen.
Möglicherweise reicht der Weinbau aber noch weiter zurück. Es stellt sich nämlich die Frage, wie das elsässische Kloster Weißenburg zu dem Besitz in Schweinfurt gekommen war. Eine definitive Antwort darauf wird kaum möglich sein, doch wissen wir, dass der fränkische Herzog Heden in den ersten Jahrzehnten des 8. Jahrhunderts Güter in Hammelburg an Weißenburg schenkte. Vielleicht kam in dieser Zeit und in diesem Zusammenhang auch der Schweinfurter Besitz an Weißenburg. Wenn diese Annahme zuträfe, hätten wir einen der frühesten Belege für Weinbau in Franken überhaupt. Doch ist dies ein Indiz, das für sich alleine keine wirkliche Gewißheit bringt, wir müssen uns damit begnügen, dass in Anführungszeichen nur 1000 Jahre Weinbau in SW nachweisbar sind.
Die erste grafische Darstellung vom Weinbau in Schweinfurt stammt von der Hand des Mainberger Amtmanns Christoph Heinrich von Erthal, der um 1570 eine Mainleiten-Karte zeichnet.
Links das Mühltor der Stadt Schweinfurt, Rechts die Zinnen von Schloss Mainberg
Die schematische Darstellung beansprucht nicht die allerhöchste Genauigkeit.
Zwei Wege: Einer am Fuß der Weinberge, der andere oberhalb. Bei dem unteren Weg handelte es sich nicht um eine gut ausgebaute Straße, wie wir sie heute kennen, sondern um einen einfachen Fahrweg, ohne Untergrund, mit vielen Unebenheiten.
Der Main war damals noch nicht wie heute in Bett mit befestigtem Ufer gezwängt, sondern trat regelmäßig über die Ufer und riss dabei immer wieder Teile des Wegs mit sich, der dann für einige Zeit unpassierbar war. Weshalb als Alternative der obere Weg eingezeichnet ist, der freilich einen steilen Anstieg an der Peterstirn und einen gefährlichen Abstieg in Mainberg notwendig machte.
Dazwischen die Weinberge der Mainleite. Doch waren neben der Mainleite offenbar weite Teile des Geländes zwischen Marienbach und Höllenbach mit Reben bepflanzt.
Die „Fränkischen Sammlungen“, 1757 in Nürnberg erschienen, zählen die wichtigsten Weinorte Frankens der Reihe nach auf.
Es beginnt mit dem Würzburger Steinweinen, dann folgen die bekannten Weinorte an der Südspitze des Maindreiecks wie Randersacker, Eibelstadt, Sommerhausen, Frickenhausen; Nach Nordheim und Escherndorf kommt der Autor auf Schweinfurt zu sprechen, wo es wörtlich heißt: „Nach SW nennt der Verfasser Mainbernheim, Iphofen und Rödelsee.“
Schweinfurt zählt also nach dieser Einschätzung durchaus zu den bedeutenden Weinorten Frankens. Nichtsdestoweniger belegt die Stelle zweifellos die Bedeutung Schweinfurts als Weinstadt.
Zur Orientierung
Links unten der Marienbach
Oben:
Die eben als neben der Mainleite bevorzugte Weinlage genannte „Herdgasse“
Die Weinberge reichen im Osten wie im Westen bis an die Stadt heran.. Auch im Bereich des heutigen Krankenhaus St. Josef und der Ignaz-Schön-Straße waren um 1.800 Rebstöcke gepflanzt.
Attraktivste Weinbergslage war zweifellos zu allen Zeiten, die Mainleite, die ab 1828 mit dem Bau der so genannten Chaussée, einer befestigten Straße, und dem Ludwigsbrunnen, nochmals auch für die Weinbergsbesitzer aufgewertet wurde.
Sie sehen einen colorierten Stich von Andreas Friedrich Kornacher aus dem Bestand der Städtischen Sammlungen.
Für die Bereitstellung dieses Stiches und weiterer Abbildungen, die im Folgenden noch gezeigt werden, dankt der Verein Herrn Dr. Erich Schneider, Frau Andrea Brandl und Frau Carina Hein.
Beim diesem Foto versteht man, warum es im Standardwerk zum Frankenwein schon 1905 heißt (S. 135): „Unterhalb des Ortes Mainberg beginnt die „Mainleite“, jener gesegnete Bergrücken, dessen Weine Ruhm und Ruf haben. Als Krone trägt der langgestreckte Hügel die malerischen, erneuerten Ruinen der Peterstirn.“
Und weiter: „Schönster Schmuck [der Mainleite] und zugleich der Boden des edlen Trankes ist das herrliche wohlgepflegte, mit zahlreichen Weinbergshäuschen der Schweinfurter Bürgerschaft geschmückte Rebengelände“, das Ludwig Bechstein mit poetischen Worten rühmt als Weinbepflanzter: “Grüner Hügel An des Mainstroms Lustgelände“.
Um den Weinbau zu fördern, den Austausch unter den Weinbergsbesitzern zu steigern, gründete sich im Jahr 1905 auf Initiative des Metzgermeister Philipp Tellert ein Weinbauverein, der etwa 50 Mitglieder aus Schweinfurt und Mainberg zählte. Die Mitglieder kauften gemeinsam Spritzmittel ein, entschieden über die Schließzeiten der Weinberge und den Weinlesetermin und veranstalteten Informationsabende, in denen auswärtige Referenten über Fortschritte (Schädlingsbekämpfung) im Weinbau berichteten.
Alle führenden Familien der Stadt verfügten über Weinberge, ob sie nun Sattler, Fichtel, Vogel, Uhlenhuth, Krönlein oder Bechert hießen.
Bild um 1910
Rebfläche in ha
im Jahr 1800: 238
im Jahr 1900: 100
im Jahr 1980: 4
Die Weinlese war im Alten Schweinfurt ein Volksfest. Der Beginn wurde offiziell in der Zeitung verkündet.
Ganz Schweinfurt von der Weinlese in ihren Bann gezogen: die Kinder hatten schulfrei, Geschäfte, Ämter und Schulen waren geschlossen, selbst die Zeitung stellte das Erscheinen ein. Der Beobachter fährt fort: „In keiner deutschen Stadt kann sie fröhlicher als bei uns gefeiert werden. Durch Trommelschlag und das Heraushängen der sogenannten Weinfahne am Rathaus wird der Anfang der Lese verkündigt. Die zahlreich herbeigeeilten Helfer zogen in aller Frühe zu Gesang und lauter Fröhlichkeit hinaus zu den Weinbergen. Die Herrin des Hauses sorgte inzwischen für Lebensmittel und Wein, um ihre Leute und herbeikommende Gäste bewirten zu können. Der lange aufbewahrte Schinken, die gebratene Gans, die Bratwürste wurden eingepackt, auch für Kaffee und Brennholz, um Feuer anzumachen, wird gesorgt.
Unter den Jungen wurden diejenigen beneidet, die über eine kleine Weinbergskanone verfügten. Auf dem zweiten Kiliansberg, der damals noch inmitten von Weinbergen lag, wurde mit Vorliebe das Feuergefecht eröffnet. Die Erwachsenen trugen durch Abschießen ihrer Terzerole, durch das Abbrennen von Fröschen und Schwärmern das ihrige dazu bei, daß [sic] sich die Kanonade schließlich zu einem Höllenspektakel steigerte. Die Mainberger Straße, [die heutige B26] zu Füssen der Mainleite, war dicht bevölkert. Hier promenierten die Töchter der Weinbergsbesitzer mit ihren weißen Schürzen. Was war das für ein Kreischen und Laufen, wenn ein vorwitziger Frosch unter den Rock eines schönen Mädchens geriet und mit Geknatter zerplatzte. In das Krachen der Schüsse aus Kanonen, Terzerolen und Revolvern mischte sich dann noch das Bombardement verliebter Blicke aus feurigen Mädchenaugen, das für manchen Vertreter des männlichen Geschlechts den Höhepunkt der Feststimmung bedeutete, die dann in einem Tanzkränzchen in Mainberg ihren Abschluß [sic] fand.
O. Sch., Die Weinlese war im Alten Schweinfurt ein Volksfest, in: Schweinfurter Heimatblätter 33 (1964) Nr. 14 S. 55 f.
Die Stadt ist seit 1959 Eigentümerin des Mainberger Schlossbergs, den der damalige Besitzer Wilhelm Heger 1955 hatte roden lassen, um Champagner anzubauen. Zur Neuanpflanzung war es nicht mehr gekommen, nachdem Heger noch im selben Jahr Bankrott machte.
1961 diskutierte der Stadtrat über eine Neubepflanzung. Der damalige Stadtbaurat Günter Lüdke äußerte sich: „Der Charakter der Mainlandschaft (nämlich als Weinbaugebiet) muß erhalten bleiben. Wenn schon die Stadt nicht dazu beiträgt, wie kann man es dann von anderen verlangen“.
Die Stadt hatte bereits 1961 ein Gutachten eingeholt, ob am Mainberger Schlossberg rentabel Weinbau betrieben werden konnte. Die vom Stadtgartenamt gezahlten Stundenlöhne von 3 Mark 79 für ständige und 2 Mark 77 für Saisonarbeitskräfte aber seien im Weinbau unrealistisch. Es werde also schwierig sein, qualifizierte Arbeitskräfte zu bekommen. (Gutachten der Reg. v. Ufr. Fachberatung für Weinbau 15.11.1960)
Man erinnere sich an die allgemein prekäre Situation des Frankenweins, 1959 erreichte die Anbaufläche mit nur noch 2.400 ha einen historischen Tiefststand.
Unter diesen Bedingungen zögerte der Stadtrat mit einer Entscheidung über die Neubepflanzung des Mainberger Schlossbergs.